Kommunikation in Zeiten von Covid-19

Kommunikation in Zeiten von COVID-19

Unsere Kommunikation verändert sich durch Covid-19

Seit der Corona-Krise hat der Anteil direkter Face-to-Face-Kommunikation abgenommen. Telefongespräche und vor allem die digitale Kommunikation (d.h. E-Mail, Chats, Sprachnachrichten, Videocalls) haben hingegen deutlich zugenommen. Diese Veränderung ist schon seit vielen Jahren im Gange und hat sich durch die Corona-Krise weiter verstärkt. Veränderungen lassen sich in v.a. in folgenden Bereichen beobachten:

  • Digitale schriftliche Kommunikation ist meist schnell und deshalb oft unbedachter. Gleichzeitig beinhaltet sie viel mehr Interpretationsspielraum, weil wir nicht hören, «wie» unser Gegenüber etwas sagt. Das führt vermehrt zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen. Ein gezielter Einsatz von Emoticons kann diesen Effekt nur unzureichend ausgleichen.
  • Gerade in Messengern kommunizieren wir ohne klaren Anfang und klares Ende. Die Kommunikation wird beliebig unterbrochen und wieder aufgenommen. Sie ist zudem unverbindlicher, als bei anderen Kommunikationswegen. Wir entscheiden flexibler, ob und wann wir antworten.
  • Wir können uns nicht immer wie im direkten Kontakt auf die Gesprächssituation einstellen. In Corona-Zeiten kann auf die Betreuung des eigenen Kindes 5 Minuten später der Videocall mit dem Chef folgen.
  • Die modernen Kommunikationskanäle liefern uns im Vergleich zur Face-to-Face-Kommunikation weniger Zusatzinformationen zur Einordnung des Gehörten.
  • Für ältere Menschen hat sich die zwischenmenschliche Kommunikation wohl am stärksten verändert. In der Regel nehmen sie am digitalen Wandel weniger Teil als jüngere Menschen. Nun waren viele von ihnen jedoch gezwungen, die modernen Kommunikationskanäle zu nutzen, wenn sie beispielsweise ihre Enkelkinder sehen wollten.

Unterschiede zwischen mündlicher und digitaler Kommunikation

Die verschiedenen Kanäle variieren in ihrer Funktion und ihren Möglichkeiten und sind im Vergleich zum direkten mündlichen Gespräch in unterschiEdlichem Maße eingeschränkt. Das betrifft seit jeher auch das Telefon.

Bedeutende Unterschiede sind Raum und Zeit sowie paraverbale und nonverbale Parameter:

  • Nur in der direkten mündlichen Kommunikation teilen wir Raum und Zeit mit unserem Gegenüber. Diese gemeinsamen Rahmenbedingungen helfen, dass wir uns gegenseitig und die Situation besser verstehen. Wir können auf Dinge zeigen, uns unmittelbar korrigieren oder nachfragen. Bei den anderen Kommunikationskanälen hingegen müssen wir auf bestimmte Wahrnehmungskanäle und viele Kommunikationsmittel ganz oder teilweise verzichten, weil wir auf Entfernung und eventuell auch zeitverzögert kommunizieren.
  • Für das Verständnis ist nicht nur das Verbale (WAS wird gesagt) relevant. Anhand der paraverbalen (WIE wird etwas gesagt; z.B. Stimmklang, Lautstärke, Betonung) und nonverbalen Kommunikation (z.B. Mimik, Gestik, Körperhaltung, Kleidung) erhält der Hörer Informationen zur physischen und emotionalen Befindlichkeit des Sprechenden und damit auch zu seinen Bedürfnissen. Bei den neueren Kommunikationsmitteln können die paraverbale und nonverbale Kommunikation zum Teil beeinträchtigt oder gänzlich fehlen (z.B. weil wir uns nicht sehen, der Bildausschnitt zu klein oder die Bildqualität zu schlecht ist). Dadurch kann z.B. das unmittelbare visuelle Feedback (beispielsweise ein zustimmendes Nicken) nicht erkennbar oder verzögert sein. Die Kommunikation ohne direkten Kontakt ist deshalb anstrengender für uns: Einige Informationen können nicht übertragen werden und Emotionen sind schwerer erkennbar. Deshalb müssen wir umso aufmerksamer sein, um all dies zu kompensieren und Missverständnissen vorzubeugen.

Digitale Kommunikation hat auch Vorteile

Digitale Kommunikation ist in der Regel schneller und kann – richtig angewandt – effizienter sein. Neben der räumlichen Unabhängigkeit sind wir auch zeitlich unabhängig. Durch die Speichermöglichkeiten, müssen Produktion und Rezeption der Information nicht zeitlich zusammenfallen. Natürlich gab es schon lange Erklärvideos auf YouTube und Sprachnachrichten. Nun erlebt diese Möglichkeit jedoch neuen Aufwind: Zum Beispiel, wenn vermehrt Vorträge oder Kurse via Videotelefonie abgehalten und aufgezeichnet werden, um auch zu einem späteren Zeitpunkt Teilnehmern weltweit zugänglich zu sein. Vor allem im internationalen Kontext ist die digitale Kommunikation ausgesprochen preisgünstig.

Auch mit Videotelefonie erfolgreich kommunizieren und Missverständnisse vermeiden

  • Absolute Grundvoraussetzung ist eine gute Technik (Kamera, Headset, leistungsfähiger Rechner, stabile Internetverbindung etc.).
  • Wählen Sie einen guten Bildausschnitt und Kamerawinkel und sorgen Sie für gute Ausleuchtung. Dies hat großen Einfluss auf Ihre Wirkung und Präsenz.
  • Beobachten Sie nicht ihr eigenes Bild und verzichten Sie auf Multitasking. Das wird von anderen bemerkt und lenkt erheblich ab.
  • Schenken Sie ihrem Gesprächspartner ungeteilte Aufmerksamkeit. Geben Sie Rückmeldungen, z.B. ein Nicken, wenn Sie zustimmen oder ein kurzes «Verstehe.», wenn Sie folgen können.
  • In Teams ist ein Moderator, der das Wort erteilt sowie das Geschehen lenkt und steuert, unerlässlich.
  • Um die Sprachverständlichkeit zu optimieren, ist neben einem guten Mikrofon besonders wichtig deutlicher, langsamer und mit mehr Pausen zwischen den Sätzen zu sprechen. Ganz allgemein gewinnt Ihr sprecherischer Ausdruck an Bedeutung. Wenn Sie nicht sprechen, aktivieren Sie die Mute-Taste, um Störgeräusche zu vermeiden.
  • Das Wichtigste ist natürlich eine gute Internetverbindung, damit wir die verbale, paraverbale und nonverbale Kommunikation möglichst gut verstehen, sehen und interpretieren können.
  • Wenn wir uns über die Einschränkungen der Videotelefonie bewusst sind, können wir auf einige Dinge besonders achten. Dazu gehört unter anderem, andere noch bewusster ausreden zu lassen. Des Weiteren können wir hin und wieder die wichtigsten Punkte unseres Gesprächspartners zusammenfassen bevor wir antworten - um sicher zu gehen, dass wir ihn richtig verstanden haben (sog. «Kontrollierter Dialog» oder «konzentrierter Dialog»).
  • Wichtig ist es, direkt nachzufragen, wenn wir etwas nicht verstanden haben oder nicht sicher einordnen können.

Wir können sogar profitieren. Wenn unsere Worte und ihr paraverbaler Ausdruck auf Grund der eingeschränkten nonverbalen Parameter vordergründig sind, müssen wir lernen, uns präziser auszudrücken (Marshall Rosenberg ermutigt ohnehin schon seit vielen Jahren mit seiner «Gewaltfreien Kommunikation» dazu, Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche präziser und offener auszudrücken, um die Kommunikation zwischen Menschen zu verbessern).

Auch wenn digitale Kommunikation zu Missverständnissen führen kann: Zwischenmenschliche Kommunikation geht grundsätzlich mit Missverständnissen einher. Wir können uns nicht vollkommen unmissverständlich ausdrücken und werden eine andere Person niemals allumfassend in allen Facetten verstehen können.

Die Zukunft der Kommunikation

Grundsätzlich wird die Videotelefonie die ursprüngliche Face-to-Face-Kommunikation nicht vollständig ersetzen können. Wir Menschen benötigen ein gewisses Maß an direkten Kontakten – vor allem Kinder.

Dennoch verändern die Globalisierung und neue technische Möglichkeiten unsere Art zu kommunizieren stetig. Ich persönlich glaube schon seit Beginn der Pandemie daran, dass sie sich auch in Zukunft weiterhin elementar verändern wird. Die Corona-Krise war und ist für mich dabei lediglich ein verstärkendes Moment.

Diese neuen Kommunikationswege eröffnen viele Möglichkeiten. Sie werden auch uns verändern und Herausforderungen mit sich bringen, die Anpassungsleistungen und Lernprozesse erfordern – wie jede gesellschaftliche Entwicklung zuvor.

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